Energie
Solarentscheide: Solarausbau in Deutschland ankurbeln
Auf den Dächern unserer Städte und Gemeinden ruht ein riesiges ungenutztes Potenzial für saubere Energie. Mit Solarentscheiden bringen wir den Solarausbau in Deutschland auf die Überholspur.
Die Solarenergie muss dringend schneller ausgebaut werden – drei- bis viermal so schnell wie jetzt, wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen. Zudem ist die Solaranlage auf dem Dach das Zugpferd einer dezentralen Energiewende, die von Bürger:innen, lokalen Betrieben und öffentlichen Einrichtungen statt von profitorientierten Konzernen gestaltet wird. Mehr Solarenergie auf unseren Dächern schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze, lokale Einnahmen und eine klimafreundliche, krisensichere Energieversorgung für alle. Mit einem Solarentscheid machen wir das möglich.
Dieses enorme Potenzial für den Solarausbau in Deutschland liegt aber noch weitgehend brach. Auf den Häusern in Deutschlands Städten sind kaum Photovoltaikanlagen zu sehen. Dabei könnten nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme auf und an Gebäuden noch zwölf Mal so viele Solaranlagen Strom erzeugen wie aktuell bundesweit installiert sind. Die Investition lohnt sich auch wirtschaftlich – Solarmodule kosten heute nur noch ein Viertel so viel wie vor zehn Jahren.
Viele Kommunen werden bereits aktiv. So hat etwa die kleine schwäbische Gemeinde Waiblingen bereits 2006 eine Solarpflicht erlassen und zusätzlich 31 öffentliche Einrichtungen mit Solaranlagen ausgestattet. Anderen Kommunen können wir mit einem Solarentscheid auf die Sprünge ins Solarzeitalter helfen.
„Bürgerinnen und Bürger waren nicht nur die Pioniere der Energiewende, sondern sind auch weiterhin ihre Treiber. Um die Klimakrise noch rechtzeitig zu stoppen, müssen wir alle in unseren Städten und Gemeinden aktiv werden und unsere Energieversorgung klimaneutral gestalten.“
Solarentscheid-Baukasten
Bürgerbegehren, um einen lokalen Solarboom loszutreten, funktionieren in jeder Kommune. Mit einer Vielzahl von Solar-Bürgerbegehren können wir den Solarausbau in Deutschland voranbringen. Mit unserem Solarentscheid fordern wir die Kommune auf, die folgenden Schritte umzusetzen, um ab dem nächsten Jahr mindestens einen von uns vorgegebenen jährlichen Solarenergie-Zubau zu erreichen. Eine Formulierung für unsere Bürgerbegehrensfrage findet sich im Anschluss.
Solarenergie auf öffentliche Dächer!
Besonders einfach kann die Stadtverwaltung die Energiewende bei den Gebäuden voranbringen, die ihr selbst gehören. Das können Verwaltungsgebäude sein, Schulen, Krankenhäuser oder Bibliotheken. Dort kann sie eigene Solaranlagen installieren lassen oder die Dachfläche zu diesem Zweck verpachten, zum Beispiel an eine Bürgerenergiegenossenschaft. Von ihr kann sie im Gegenzug Solarstrom beziehen.
Da die Solaranlage das jeweilige Gebäude nicht zu jedem Zeitpunkt vollständig mit sauberem Strom versorgen kann, sollte die Kommune ergänzend einen Vertrag mit einem Ökostromanbieter abschließen. Auch dazu können wir sie auffordern. Betriebe, die sich mehrheitlich in ihrem Eigentum befinden, kann die Kommune anweisen, ihre Gebäude ebenfalls mit einer Solaranlage und ergänzendem Ökostrom auszustatten – zum Beispiel die städtischen Abfallbetriebe oder auch städtische Wohnungsgesellschaften. So wird die öffentliche Hand zum Vorbild. Sie zeigt, dass sie es mit dem Klimaschutz ernst meint.
Solarpflicht für Neubauten!
Jede Kommune kann eine Solarpflicht für neue Gebäude festzusetzen. So erreicht sie, dass die Eigentümer:innen neuer Gewerbe- und Wohnhäuser beim Bau eine Solaranlage einplanen müssen – Solarenergie wird nach und nach zum Standard. Die baden-württembergische Gemeinde Waiblingen ging 2006 als Pionierin des Solarausbaus in Deutschland voran, Tübingen zog 2018 nach. In jüngster Zeit setzt sich die Maßnahme mehr und mehr durch: 2019 folgten Konstanz, Wiesbaden, Amberg und Pfaffenhofen. Berlin, Bremen und Hamburg haben sich im gleichen Zeitraum für eine Solarpflicht entschieden.
Die Kommunen können die Solarpflicht in Bebauungsplänen festsetzen – Pfaffenhofen hat auf diese Weise für ein neues Wohngebiet verfügt, dass auf Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern mindestens 20 Quadratmeter Solarmodule installiert werden müssen und auf Mehrfamilienhäusern mit Satteldach mindestens 70 Prozent der südlichen Dachfläche.
Alternativ oder zusätzlich können Kommunen die Solarpflicht in Verträgen mit Investor:innen und Käufer:innen von öffentlichem Grund festschreiben – in städtebaulichen Verträgen und in Grundstückskaufverträgen. Für diese Variante haben sich Tübingen und Wiesbaden entschieden.
Das Umweltbundesamt schlägt zusätzlich ein Verpachtungskataster vor: Wer nicht selbst eine Solaranlage errichten will, kann sein Dach an Interessierte verpachten und die Pflicht auf diese Weise erfüllen. So kommen zum Beispiel Bürgerenergiegenossenschaften zum Zug, die auf der Suche nach geeigneten Flächen für neue Projekte sind.
Stadtwerke in die Solaroffensive!
Gibt es in unserer Kommune einen Energieversorger, der sich mehrheitlich in öffentlicher Hand befindet, können wir Bürger:innen mit einem Solarentscheid unseren Einfluss auf ihn geltend machen. Die Stadtwerke können das brachliegende Potenzial auf den Dächern privater sowie gewerblicher Gebäude in der Stadt erschließen, indem sie:
-
- Dächer pachten und eigene Solaranlagen bauen. Die Bamberger Stadtwerke beispielsweise bieten Unternehmen und Privatpersonen an, ihre Dachflächen zu pachten und darauf PV-Anlagen zu errichten.
- Mieterstromprojekte realisieren. Die Frankfurter Mainova ist hier Vorreiterin – rund 300 Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von etwa sechs Megawatt lieferten Anfang 2021 sauberen Strom an etwa 2000 Frankfurter Mieter:innen.
- Stromabnahmeverträge mit Betreiber:innen von PV-Anlagen schließen. Die Stadtwerke Marburg schlossen Ende 2020 einen Stromabnahmevertrag mit einer 50 Kilowatt-Fassaden-Solaranlage am Gebäude eines Radiologiezentrums.
- Beteiligungsmodelle anbieten. Die Stadtwerke München ermöglichen Bürgerinnen und Bürgern mit ihren „Sonnenbausteinen“, zur Finanzierung von neuen Solaranlagen beizutragen. Sie erhalten dafür eine Rendite und optional den mit „ihrer“ Anlage erzeugten Strom.
Was ist Mieterstrom?
Mieterstrom wird in Solaranlagen auf dem Dach eines Mietshauses erzeugt und direkt an die Mieter:innen geliefert. Dazu stellen die Vermieter:innen ihre Dachfläche Dritten zur Verfügung, meist engagierten Energieversorgern oder Bürgerenergiegenossenschaften.
Solarenergie fördern!
Zahlreiche Kommunen erleichtern es ihren Bürger:innen durch Förderprogramme und Beratung, Solaranlagen auf ihren Dächern zu installieren. So fördern beispielsweise Erlangen und Köln Solaranlagen bis zu einer Leistung von zehn Kilowatt mit 150 Euro pro Kilowatt, Aachen und Düren geben eine Anschubfinanzierung von 1000 Euro pro Anlage. Freiburg fördert vor allem die Anlagen, bei denen die Dachfläche voll ausgenutzt wird. Einige Kommunen bezuschussen auch Solarmodule für den Balkon.
Auch Öffentlichkeitsarbeit und Beratung können sehr wirksam sein. Unter dem Motto „Dein Dach kann mehr!“ motiviert die Stadt Freiburg ihre Bürger:innen mit Plakaten, Anzeigen, Infoständen und Kurzfilmen im Kino, beim Ausbau der Solarenergie aktiv zu werden. Ist das Interesse geweckt, kommen die Berater:innen der Stadt zu den Hauseigentümer:innen, um sie bei ihrem Vorhaben zu unterstützen.
Wie formulieren wir unser Solar-Bürgerbegehren?
Jeder der vier vorgestellten Ansätze kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Dächer mit Solaranlagen zu füllen. Wenn wir sie in einem Bürgerbegehren kombinieren, entfalten wir die größte Dynamik. Die Abstimmungsfrage für einen Solarentscheid kann dann so lauten:
Sind Sie dafür, dass die Stadt die in ihrem Wirkungskreis liegenden Möglichkeiten ausschöpft, um ab 2022 einen Zubau von mindestens X MW Solarenergie-Dachanlagen zu erreichen und dafür die folgenden Schritte umsetzt,
- Die Kommune stattet die in ihrem Eigentum stehenden Gebäude bis zum Zeitpunkt Y mit Photovoltaikanlagen aus – wobei sie die gesamte Dachfläche belegt, sofern dies technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist – oder verpachtet die Dachfläche an Dritte für die Installation einer Solaranlage.
- Die Kommune weist die direkt oder indirekt mehrheitlich in ihrem Eigentum stehenden Betriebe und Unternehmen an, die ihnen gehörenden (Wohn-)Gebäude bis zum Zeitpunkt Y mit Photovoltaikanlagen auszustatten – wobei sie die gesamte Dachfläche belegen sollen, sofern dies technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist – oder die Dachfläche an Dritte für die Installation einer Solaranlage zu verpachten.
- Die Kommune vereinbart in allen zukünftigen städtebaulichen Verträgen sowie in allen Kauf- oder (Erb-)Pachtverträgen für neue oder Bestandsgebäude die verpflichtende Installation einer Solaranlage zur Stromerzeugung, soweit dies verhältnismäßig ist.
- Die Kommune erstellt ein städtebauliches Solarkonzept, das die Festsetzung einer Pflicht zur Installation einer Solaranlage für die Stromerzeugung für alle Neubauten nach § 9 Abs. 1 Nr. 23 b BauGB bei allen neuen und zu ändernden Bebauungsplänen beinhaltet, soweit nach BauGB möglich und verhältnismäßig.
- Die Kommune weist die mehrheitlich kommunalen Stadtwerke an, im Rahmen eines Solaroffensive-Programms Dächer zu pachten und darauf Solaranlagen zu installieren und zu betreiben, PV-Mieterstromprojekte zu realisieren, Stromabnahmeverträge mit Betreibern von Solaranlagen zu schließen sowie Beteiligungsmodelle für Bürger:innen anzubieten, so dass diese mit einer Geldanlage, auf die sie eine Rendite erhalten, zur Realisierung weiterer Solaranlagen beitragen können.
- Die Kommune legt ein Förderprogramm auf, mit dem sie die Installation neuer Photovoltaik-Kleinanlagen durch Privatpersonen unterstützt.
- Die Kommune startet eine öffentlichkeitswirksame Kampagne für den Ausbau der Solarenergie und richtet ein Beratungsangebot für Bürger:innen ein, die eine Photovoltaikanlage installieren möchten.
sowie dass sie über die Umsetzung dieser Maßnahmen jährlich einen Fortschrittsbericht veröffentlicht?
Natürlich können wir auch einzelne Unterpunkte weglassen, falls sie uns in der eigenen Kommune nicht sinnvoll erscheinen oder dort schon umgesetzt sind. Alternativ können wir uns auch auf eine der vier Maßnahmen aus dem Solarentscheid-Baukasten fokussieren – beispielsweise auf die Solaroffensive der Stadtwerke oder den Ausbau der Solarenergie auf allen kommunalen Gebäuden. Hierfür gibt es ebenfalls rechtlich geprüfte Modell-Abstimmungsfragen, die wir in der Klimawende-Beratung erhalten.
ENERGIE
- Stadtwerke zu Ökostromversorgern machen
- Wärmewende starten
- Die Sonne reinlassen
- Energieversorgung zurückerobern
VERKEHR